Passend zum heutigen Tag wagte ich einen Ausflug in die Vergangenheit. In den späten 70er Jahren mieteten meine Eltern im Elsass dieses Haus, und zwar zu einem Spotpreis. Dazu gehörte ein riesiger Garten mit verschiedenen Obstbäumen, ein kleiner Brunnen und eine Jagdhütte mit gewaltigem Kamin. Wir verbrachten dort unsere Wochenenden und feierten in der Hütte legendäre Feste. Das Rätsel, warum dieses Anwesen so billig zu haben war, wurde schnell gelöst.
Es spukte.
Meine Mutter wachte eines nachts auf (sie hatte stets einen sehr leichten Schlaf) und hörte hinter sich den Boden knarzen, als ob jemand durchs Zimmer liefe. Dann stieß etwas gegen ihr Bett und fiel auf sie drauf. Meine Mutter fing an zu Schreien, stellte dann aber fest, dass sich außer ihr niemand im Zimmer befand.
Mein Vater erlebte etwas Ähnliches. Auch er lag im Bett und bemerkte am Fußende eine kleine weisse Gestalt. Zuerst dachte er, dass ich es sei (ich war damals 5 oder 6), der versucht, zu ihm rauf zu krabbeln. Dann aber wuchs die Gestalt, wurde größer und größer, bis sie fast das ganze Zimmer ausfüllte. Auch er fing an zu schreien und die Gestalt verschwand.
Mein Erlebnis, das mir am deutlichsten in Erinnerung blieb, war, dass ich im dunklen Flur einem alten bärtigen Mann begegnete, dem die Beine fehlten. Er rief mich beim Namen und ich lief so schnell ich konnte zu meinen Eltern.
Im Dorf, wo das Haus steht, ist es bekannt als Spukort. Der Erbauer ließ es für seine Familie errichten, starb aber während den Bauarbeiten. Er trug einen Bart.
Ein sehr schönes abschließendes Detail ist, dass das Anwesen die Hausnummer 13 besitzt.
Ich glaube nicht an Übersinnliches, schon gar nicht an Geister. Und doch war ich lange davon überzeugt, dass es dort wahrhaftig spukt – immerhin habe ich ja eine ziemlich klare Erinnerung daran. Aber je länger ich mich damit befasst habe, desto klarer wurde mir, dass ich und wahrscheinlich auch meine Eltern sich das Ganze einfach zusammen gesponnen haben. Nichts lässt sich nämlich so leicht austricksen wie unser Gehirn.
Als ich wieder vor dem Haus stand (in dem niemand zu leben scheint), fiel mir auf, dass darüber Starkstromleitungen führen. Auch kann es gut sein, dass sich darunter Magnetfelder befinden. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich unser Bewusstsein von solchen Dingen stark beeinflussen lässt und unser Verstand einem dann unerklärliche Dinge vorgauckeln kann. Interessant ist, dass gerade an Orten, wo es vermeintlich spukt, häufig Stromleitungen und Magnetfelder existieren.
Auch unsere Erinnerungen werden stark von äußeren Einflüssen geprägt. Man gestaltet sich die Vergangenheit öfters so, wie sie einem gefällt oder wie man sie benötigt (im Negativen wie im Positiven). Es gibt noch zig andere Dinge, die auf unser Hirn einwirken, und so ist das Einzige, was ich konkret zu meiner Geschichte sagen kann, dass ich nicht weiß, was da genau vorgefallen ist. Alles andere wäre wilde Spekulation oder gar Wunschdenken.
Außerdem, wenn ich ein Geist wäre, würde ich doch schnurstrakts zu Wissenschaftlern schweben, um das untersuchen zu lassen. Garantiert würde ich nicht in irgendein altes Gemäuer rein, um alte Leute zu erschrecken (gut, am Anfang würde ich es spaßeshalber doch einmal probieren. Aber dann sicher nicht bei alten Leuten, sondern ihr könnt euch ja denken wo).
Wie auch immer, für eine gute Geschichte während des verfluchten Halloween taugt das Haus im Elsass allemal.
Coole Geschichte! Du bist ja schön einfühlsam mit den Gespenstern - aber was wäre, wenn Wissenschafter für Gespenster so unangenehm wären wie für unsereins der Zahnarzt?.
ReplyDeleteWas soll denn daran unangenehm sein, wenn man eh schon tot ist ;-).
ReplyDeleteIch würde jedenfalls als Toter sicher nicht zu einem Wissenschafter schweben.
ReplyDeleteSo oder so eine tolle Geschichte und flotte Umsetzung.
Danke! Na, ich denke nach ein paar Jahrhunderten als Gespenst würdest du wahrscheinlich aus Langeweile auch mal bei einem Wissenschaftler vorbeischauen :-).
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